"Die
Italienerschleife" |
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Bau - Zerstörung - Verfall – Wiederherstellung der Floridsdorfer Hochbahn |
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Ein Bericht von Reg.Rat Helmut Kuntner |
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Wien, die Haupt- und Residenzstadt der Donaumonarchie entwickelt sich um die Jahrhundertwende zu einem bedeutenden Zentrum des Schienenverkehrs. Bahnlinien aus den verschiedenen Kronländern enden in Wien in sogenannten Kopfbahnhöfen, die jedoch untereinander nicht entsprechend verbunden sind, was den Austausch von rollendem Material im Frachtverkehr nur über Umwege möglich macht und zeitraubende, zusätzliche Verschubfahrten erfordert. 1911
enden in Wien folgende Strecken: |
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Zwischen den Kopfbahnhöfen bestehen im Raum Wien zu dieser Zeit die Verbindungen Penzing - St. Veit - Matzleinsdorf (zw. Westbahn - Südbahn -Pottendorferbahn) und Penzing - Heiligenstadt (zw. Westbahn und Franz Josefsbahn) mil Anschluß an die Donaulände- und Donauuferbahn. Eine im Jahr 1910 konstituierte Bahnhofskommission legt am 22. Juni 1911 den Behörden Pläne für ein Gesamtkonzept für Umfahrungsstrecken vor, das den über Wien laufenden Gütertransit ohne Anfahren der Kopfbahnhöfe vorsieht. Neben einigen Strecken am rechten Donauufer (Simmering- und Praterausweiche) sind 3 Projekte angeführt, die nach Ansicht der damaligen Strategen unerläßlich sind, um den Güterverkehr in und um Wien zu organisieren. | |
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1)
Die Verbindung der Station Jedlersdorf an der |
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Einschlägige
Erfahrungen mit dem Bau von Viadukten konnte man bereits bei der Wiener
Vorortelinie und Stadtbahn sammeln. |
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Zur
Herstellung der Viadukte wird Stampfbeton verwendet, der mit einfachem
technischen Gerät in die Schalungen eingebracht wird. Ein Großteil des
Betons muss händisch gemischt werden. Bereits am 1. Dez. 1916 kann die Strecke dem Verkehr übergeben werden. |
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Um zu ermessen, welche Leistungen von den italienischen Kriegsgefangenen bei diesem Bau unter schwierigsten Arbeitsbedingungen erbracht werden mußten, ist es wichtig, einige Daten zu erwähnen: |
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Bauzeit:
7 Monate 6.000 italienische Kriegsgefangene leisten 264.000 Tagschichten
Gesamtbaukosten: (Stand 1916) 4 Mio. Kronen |
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Erdbewegungen:
67.300 m3 (Transport auf Loren 600 mm Feldbahn) |
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Nach dem 1. Weltkrieg und dem Zerfall der Monarchie ist ein deutlicher Rückgang des Frachtverkehrs mit den ehem. Kronländern die logische Folge der neuen politischen Verhältnisse. Die Hochbahn bleibt weiterhin in Betrieb. Bis 1922 wird noch am Gesamtkonzept der Wiener Umfahrungsstrecken gearbeitet. Während des 2. Weltkrieges wird die Hochbahn wieder zur kriegswichtigen Verbindungsstrecke im Raum Wien. 1944 ist der Industriebezirk Floridsdorf Zielgebiet der alliierten Bomberflotten. Bei zahlreichen Luftangriffen auf die unmittelbar benachbarten Industrieanlagen wird auch die Hochbahn schwer beschädigt. 1945 sprengen deutsche Truppen im Zuge der Kampfhandlungen mit der Roten Armee die Brücke über die Trasse der Nordbahn. Die Güterzugschleife ist damit endgültig unterbrochen. | |
1947
wird die Sanierung und der Wiederaufbau der Strecke bewilligt, die
Bauarbeiten werden aber wegen Materialmangels nicht mehr durchgeführt.
Statt dessen wird eine ebenerdige Umfahrungsstrecke errichtet, die im
Bereich der Brünnerstraße eine niveaugleiche Kreuzung mit der Straßenbahnlinie
331 hat. 1949 wird die Brücke über
die Trasse der Nordbahn wieder hergestellt. 1959 wird die ebenerdige Umfahrungsstrecke wieder demontiert.1960 werden die noch brauchbaren Stahlbrücken der Hochbahn demontiert und anderwertig verwendet. |
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Die
Brücke über die Nordbahn findet keine Verwendung, bleibt an ihrem Platz
und muss 1961 im Zuge der
Elektrifizierung um 1 Meter gehoben werden. 1962
geht die Stammstrecke Floridsdorf - Meidling der Wr. Schnellbahn in
Betrieb. Güterzüge können nunmehr über die Trasse der Schnellbahn
durch Wien gefahren werden. Das steigende Verkehrsaufkommen und der
geplante Bau des Zentral- Verschiebebahnhofs Kledering (ZVB-Wien) machen
Maßnahmen für einen zukunftsorientierten Güterverkehrsablauf im Großraum
Wien erforderlich. Am 5. Sept. 1970
wird im Schienenverbund-Vertrag zwischen dem Bund und dem Land Wien u.a.
die Wiederherstellung der Hochbahn als Vertragsbestandteil aufgenommen.
Erst am 22. Dez. 1992 wird der
Schienenverbundvertrag in eine endgültige Fassung - den Wiener Vertrag
gebracht. Unter Ausbau der Schnellbahnstrecken wird festgehalten: ... ist
die Reaktivierung der ehem. Hochbahn Jedlersdorf - Leopoldau, wodurch die
notwendige Verlegung von Güterzügen zur Erhöhung der Frequenz im
Bereich der Schnellbahnstammstrecke erreicht werden kann. Damit wird auch
eine Verringerung des Lärmproblems erreicht.
Die Investitionserfordernisse werden auf der Preisbasis von 1. Jan. 1992 auf 360 Mio. ATS geschätzt (in diesen Kosten sind die ÖBB-Eigenleistungen nicht enthalten). Auf der Basis der Vertragsfassung beginnen umfassende Planungs- und Vorarbeiten für die Reaktivierung der Güterzugschleife. So wird am 12. Feb. 1995 die alte Nordbahnbrücke wegen zu geringer Tragfähigkeit und fortgeschrittener Korrosion abgebaut und zerlegt. Als durchschnittliche Frequenz für die Güterzugschleife werden in 24 Stunden 28 Güterzüge, davon 16 Züge von 6-22 Uhr und 12 Züge von 22-6 Uhr erwartet. Die Vmax soll 70 km/h betragen. Schallschutz und Auflagen des Denkmalschutzes bei der Sanierung und Wiederherstellung zerstörter und schwer beschädigter Viadukte müssen eingeplant werden. Nach dem Abschluss der Bewilligungsverfahren und einer europaweiten Ausschreibung der Baumeisterarbeiten beginnen am 2. Sept. 1996 die Bauarbeiten. Die Gesamtstrecke der zu restaurierenden Schleife (Hochbahn und Dämme) beträgt 4.368 Meter, die Länge der Viaduktstrecke 2.128 Meter (im Jahr 1916: 2.198 Meter). |
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Die
Viaduktbögen sind zu sanieren, 9 Viaduktbögen sind neu zu errichten. 3 Stahlbrücken (Fachwerk) und 2 Verbundbrücken müssen neu errichtet werden. Die
Stahlbrücken über die Brünnerstraße Am 21. Okt. 1998 wird mit Ober- und Gleisbauarbeiten begonnen. |
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Die Ausführung der Gleise auf den speziell vorbereiteten Fahrbahnplatten (Schallschutz) erfolgt nach UIC-Normen. Im Bahnhof Jedlersdorf wird die Hochbahn mit einer Weiche an das Streckengleis 2 angeschlossen, in Leopoldau über eine bestehende Weiche an das Stumpfgleis 4, eine weitere Einbindung erfolgt auf das Streckengleis 1. | |
Die
Stromversorgung der Strecke mit 15 kV/16,7 Hz
erfolgt vom Unterwerk Floridsdorf über eine Fahrleitung der Type
2, im Dammbereich werden Betonmaste, im Viadukt- und Brückenbereich
werden Stahlmaste verwendet. Sicherungstechnisch ist die Hochbahn über
den Bahnhof Jedlersdorf und für den
Bahnhof Leopoldau über das Zentralstellwerk Süssenbrunn
eingebunden.
Die Sicherungsanlagen im Bahnhof Jedlersdorf werden 2001 vom
Zentralstellwerk Floridsdorf übernommen. Bei den Einbindungen werden
Einfahrts-, Vorund Hauptsignale, in Leopoldau zusätzlich Verschubsignale
errichtet. Ais Gleisfreimeldeanlage für die Güterzugschleife werden
elektronische Achszähleinrichtungen verwendet. Die Belastungsprobe wird am 1. Dez. 1998 durchgeführt. Die Reihung des Belastungszuges (für die erforderlichen Berechnungen maßgeblich) wird wie folgt festgelegt: 1) E-Lok BR 1014 + 2 Belastungstender 2) Diesellok BR 2050 + 2 Belastungstender 3) E-Lok BR 1044 + Flachwagen 4) Buffetwagen 5) 2 Flachwagen Der Belastungszug fährt von Jedlersdorf nach Leopoldau, die in Zugmitte gereihte Diesellok 2050 übernimmt die Traktion, da noch keine Oberleitung verlegt ist. Der Zug hält an den zu überprüfenden Tragwerken, wo elektronische Messungen durchgeführt und aufgezeichnet werden. |
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Bauzeit:
September 1996 - Mai 1999 Maximale Anzahl der beschäftigten
Arbeiter/Tag: 125 |
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Material
(im Vergleich zum Neubau 1916): Anläßlich
der Eröffnung der revitalisierten "Italienerschleife" haben
Persönlichkeiten aus den Lagern der Politik, Diplomatie und des ÖBB-Managements
zur Geschichte dieses bemerkenswerten Verkehrsbauwerks Stellung genommen.
Obwohl die Strecke schon vor mehr als 8 Jahrzehnten von Verkehrsstrategen
der Donaumonarchie geplant und schließlich aus strategischen, der Kriegsführung
im 1. Weltkrieg dienenden Maßnahmen, in der Rekordzeit von nur 7 Monaten
gebaut worden ist, ist das revitalisierte Bauwerk heute und in Zukunft ein
wesentliches Bindeglied des Schienenverkehrs. |
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Wir
wünschen uns, daß Bauwerke in Europa nie wieder durch Zwangsarbeit und
Menschenopfer entstehen sollen. Der Künstler Wander Bertoni hat mit der
Skulptur "Die weinende Brücke" diese Gedanken zum Ausdruck
gebracht. |
Anlässlich
der Eröffnung der Floridsdorfer Hochbahn am 29.
Mai 1999 wurde ein Briefmarken - Sonderstempel herausgegeben. |
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Postsport
Modellbahn Reg.Rat Helmut Kuntner |