Georg Sigl

In Gedenken an einen österreichischen Eisenbahnpionier

  


Georg Sigl 1811 – 1887 

Georg Sigl wurde am 13. Jänner 1811 in Breitenfurt Nr.39 (heute Hauptstraße 2) in Niederösterreich geboren. In jungen Jahren verlor Sigl seine Eltern (1817 und 1822) und wurde von seiner Schwester in ihr Haus aufgenommen und erzogen. Er erlernte in der Werkstätte seines Schwagers das Schlosserhandwerk. Nach Beendigung der Lehrzeit begab er sich auf die Walz (Wanderschaft eines Gesellen), welche ihn über Bayern, Württemberg und die Schweiz nach Berlin führte.
1844 gründete er eine kleine Fabrik, in der er Buchdruckpressen erzeugte. Diese Fabrik wurde im Laufe der Jahre vergrößert und verblieb bis 1889 im Eigentum der Familie. Durch sein Privileg (heute Patent) zur Herstellung von Schnelldruckpressen gelang Sigl der Aufstieg an die Spitze der Deutschen Schnelldruckpressen-Fabrikation. 1846 kam Sigl zurück nach Österreich und gründete in der heutigen Mariannengasse (9. Wiener Gemeindebezirk) eine Werkstätte in der er Buchdruckpressen fertigte.
Im Jahre 1851 erwarb Sigl die noch brauchbaren Einrichtungsgegenstände der im Jahre 1848 abgebrannten Maschinenfabrik Specker (Zirkusgasse im 2. Wiener Gemeindebezirk) und errichtete mit diesen Resten in der Währinger Straße 59 (9. Wiener Gemeindebezirk) eine Fabrik zur Herstellung von Buchdruckpressen. Auch dieses Unternehmen gedieh und musste öfters erweitert werden. Da der Betrieb noch Kapazitäten frei hatte und im Bereich des Lokomotivbaus laut seinen Recherchen Bedarf bestand, fertigte er kurzer Hand zusätzlich  Lokomotiven.

In den 1850er Jahren fertigte Sigl für die Oberschlesischen Kohlenbahnen Lokomotiven. Ebenfalls in diesem Jahrzehnt pachtete Sigl von der österreichischen Kreditanstalt für Handel und Gewerbe die ehemalige Günthersche Lokomotivfabrik in Wiener Neustadt. Weiters fertigte er in seiner Fabrik Dampfmaschinen für die Donauflotte der k.k. Kriegsmarine sowie für einen Sternraddampfer in Bosnien.


Aktienauszug zu Priveleg 1853-179, Schnelldruckpresse, 
Quelle:
Privilegiendatenbank d. österr. Patentamt


Georg Sigls Lokomotiv- und Maschnenfabrik in Wien, Foto: Wolf 1
Unter anderen fertigte er folgende Produkte in seinen Fabriken: Schrotmühlen, Ölpressen, Wasserhaltungsmaschinen, Arsenaleinrichtungen, den Dachstuhl für die Votivkirche und v.m.

Verwaltungsgebäude, Währinger Straße 59
(alte Ansicht), Foto: Wolf 1

Verwaltungsgebäude, Währinger Straße 59
(Ansicht heute), Foto: Mag. Hübsch
Seine Lokomotiverzeugung begann G. Sigl 1857 mit einer Schlepptenderlokomotive mit der Achsfolge 1B. Sigl pflegte den Bau von Außenrahmenlokomotiven mit Hallschen Kurbeln.
Der Namen der Lokomotive „GUTENBERG“ ist zurückzuführen auf seine Produktion von Buchdruckpressen.  Da es sich um eine Gebirgslokomotive handelte und diese Reihe den gemischten Verkehr auf der Südbahnstrecke bewältigte, gab es für G. Sigl ein großes Lob seitens der k.k. Südlichen Staatsbahn.
Die 1000 Personen-Lokomotive mit 4 gekuppelten Rädern für die kgl. Ung. Staatsbahnen 1870.
Quelle: Mück 1
1860 fertigten die Lokomotivfabriken Sigl in Wien und Wr. Neustadt für Deutschland und Russland ebenfalls Lokomotiven. Die Maschinen kamen auf folgenden Bahnen zum Einsatz: Warschau – Wiener Bahn, Bahn Moskau – Kursk, Rjashsk – Morschansk, Odessa – Baltea, Woronesch – Koslow, der Weichselbahn und für die Mühlenburgische Friedrich – Franz - Bahn.

Bau der Dachkonstruktion von G. Sigl, 
Foto:
www.votivkirche.at/_ansichten_b.htm
Das Prinzip beim Bau der Lokomotiven von Sigl war einfach: Güterzuglokomotive kleine Räder und Schnellzuglokomotiven große Räder, doch das Grundprinzip war die gleiche Bauart.
Mitte der 1860er-Jahre erwarb Sigl um die Unabhängigkeit von seinen Rohstofflieferanten zu erlangen, einen eisenverarbeiteten Betrieb, einen Hochofen und ein Kohleberg
werk. Weiters beteiligte er sich an vier anderen Bergwerken.

1867 kaufte er von der österreichischen Kreditanstalt für Handel und Gewerbe die bis dahin gepachtete Wiener Neustädter Lokomotivfabrik.
1870 konnte die Fertigstellung der 1000. Lokomotive feierlich begangen werden. In diesem Jahr hatte Georg Sigl bereits über 3500 Beschäftigte. Im Laufe der Feierlichkeiten wurde Georg Sigl Ehrenbürger der Städte Wien und Wiener Neustadt. 1873 kam das Unternehmen im Zuge des Bankenkraches in finanzielle Nöte und Sigl sah sich gezwungen, im Jahre 1875 die Lokomotivfabrik in Wiener Neustadt an die österreichischen Kreditanstalt für Handel und Gewerbe zu verkaufen, welche sie in eine eigenständige Aktiengesellschaft umwandelte. Die Lokomotivfabrik Wiener Neustadt war somit das erste österreichische Industrieunternehmen, welches in das Eigentum einer Bank überging.
Im Jahre 1874 baute Sigl auf eigenes Risiko eine Standseilbahn auf die Sophienalpe bei Wien, die im Volksmund als „Knöpferlbahn“ bezeichnet wurde. Die Wiener Lokomotivfabrik Währing verblieb im Familienbesitz, fertigte jedoch nur mehr Produkte aus dem Bereich des allgemeinen Maschinenbaus.
Sigl verstarb am 9. Mai 1887 in Wien und wurde in einem Ehrengrab am Wiener Zentralfriedhof (Gruppe 33 E) beigesetzt.

Sigl zeichnete sich neben hohem wirtschaftlichem Talent auch durch sein großes karikatives Engagement aus. 25.000 Gulden spendete Sigl als Dank für seine Arbeiter der Stiftung eines Fonds für Verunglückte.

Grabstätte von Georg Sigl am Zentralfriedhof,
Foto: Mag. Hüsch

Die Arbeitsgruppe „Projekt Sigl“ bedankt sich bei Herrn Sladek für die Veröffentlichung des Berichtes und deren Unterstützung.
Im Oktober 2007 fand eine Ausstellung / Buchpräsentation zum Thema Sigl statt.

Buch / Quellen Tipp
Wiener Bergbahnen, Verlag Album Verlag für Photographie, Autor H. Seemann,
ISBN 3-85164-105-1
Lokomotivbau in Alt-Österreich 1837-1918, Verlag Slezak, Autor: Karl Gölsdorf 1978,
ISBN 3-900134-40-5
Bergbahnen im Wienerwald, Eigenverlag Martin Fuchs, Autor Martin Fuchs
Privilegiendatenbank des Österreichischen Patentamtes 2006
Festschrift anlässlich des 100 jährigen Bestehens des Technologischen Gewerbemuseums
Mück 1: Maschinenschriftliches Manuskript; Die Vorstadt Michelbauern von Hans Mück 1980
Denkschrift zur Vollendung der 5000. Lokomotive; Actien-Gesellschaft der Locomotiv-Fabrik vorm. G. Sigl in Wiener Neustadt; Mai 1910 Wien

Dipl.-Päd. Martin Ortner
Oberrat Mag. Dietmar Hübsch
Franz Straka
Georg Pavel