Die Dampflokomotive Reihe 170 |
|
170
KkStB und Südbahn, DRB Baureihe 56 31-33 |
|
Zusammenstellung: Ernst Sladek |
|
|
|
Das Verkehrsaufkommen auf der Arlbergbahn hatte schon
zwei Jahre nach der Inbetriebnahme alle Erwartungen übertroffen. Binnen
kurzer Zeit verdoppelte sich die Zugfrequenz und wies steigende Tendenz auf.
Auf der Arlberg-Ostrampe mit einer Steigung von 27 %o konnte mit den
laufachslosen Dreikupplern der Reihe 48 mit Eilzügen 26 km/h, mit Personenzügen
20 km/h gefahren werden. Die 400t schweren Güterzüge konnten nur mit 12
km/h bergauf fahren. Die neue 1D - Verbund-Lokomotive konnte eine Zugmasse
von 220 t gegenüber 120 t den im Reisezugdienst eingesetzten Dreikupplern
der Reihe 48 befördern und dabei noch eine höhere Geschwindigkeit
einhalten, was einer Leistungssteigerung von ca. 85 % gleichkam und für die
stark beanspruchte Arlbergstrecke einen großen Fortschritt bedeutete. |
|
|
|
Karl Gölsdorf schuf speziell für den Reisezugdienst auf der Arlberg
Strecke eine vierfachgekuppelte Lokomotive mit führender Laufachse. Die ersten fünf Maschinen, gebaut in der Lokomotivfabrik
Wiener Neustadt wurde 1897 beim Heizhaus
Landeck in Betrieb genommen. Von den wirtschaftlichen Vorteilen der zweifachen
Dampfausdehnung überzeugt wurde die als Reihe 170 bezeichnete Type mit
einem Verbundtriebwerk ausgestattet. Der rechte Hochdruckzylinder hatte
einen Durchmesser von 540mm, der linke Niederdruckzylinder 800 mm. Der Kessel war mit seiner wasserberührten Verdampfungsheizfläche von 250m2 in Europa unübertroffen. Die Rauchkammer wurde weit nach vorne verlagert um den 5m langen Heizrohren platz zu machen. Diese wurden um die geforderte Verdampferleistung zu erreichen, in großer Anzahl eingebaut. |
|
KkStB 170.02 |
Die Achslastbegrenzung von 14,5 t wurde ohne Nachteil für
Stabilität durch geniale Konstruktion von Gölsdorf erreicht. Der Rahmen war aus 34mm starken Platten, mehrfach querversteift und vernietet. Auf diesen wurde der angehobene Kessel (Kesselmitte 2615mm) mit der breiten Feuerbüchse untergebracht. Der Rost hatte bei der Serienausführung 3,87 m2 um die volle Kesselleistung auch bei minderwertigen Kohlensorten ausschöpfen zu können. |
Zur Vergrößerung des Dampfraumes wurde der damals gebräuchliche
Doppeldom mit Verbindungsrohr verwendet. Statt der Federzangenbauart beim
Prototyp 170.01 wurden bei der Serienausführung die
Druckfeder-Sicherheitsventile verwendet. Gölsdorf widmete dem Bogenlauf besonderes Augenmerk in dem er die von Richard von Helmholtz entwickelte Theorie in der Weise praktizierte, daß die Lokomotive nur vom ersten und dritten Kuppelradsatz fest im Gleis geführt wurde und die zweite und vierte Kuppelachse eine Seitenbeweglichkeit von 21mm hatte. Die Laufachse hatte ein Seitenspiel von 60mm. |
|
Diese zweckmäßige Anordnung minderte den Verschleiß an Spurkränzen und
Schienen in den kurvenreichen Gebirgsstrecken erheblich. Die Reihe 170
revolutionierte nicht nur den Gebirgsdienst. Ab 1913 wurde die mit vergrößerter Feuerbüchse und verstärkter Bremse und Kobelkamin, in großer Stückzahl gebaute Lokomotive zur Standard – Güterzuglokomotive für Flach und Hügellandstrecken des gesamten Staatsnetzes. |
KkStB 170.90 |
Das Einsatzgebiet reichte von der schweizer- bis zur russischen Grenze und von Sudeten bis zur Adria. Mit 783 Stück wurde bis zum Ende des Ersten Weltkrieges 1918 die höchste Auflage aller österreichischen Lokomotivbaureihen erreicht. Für die kkStB wurde die Reihe 170 auch dann noch weitergebaut, als bereits die Heißdampfvariante Reihe 270 zur Verfügung stand. | |
Unter den
schwierigen Verhältnissen des Ersten Weltkrieges war sie weit weniger
aufwendig zu Warten. Die Südbahn bestellte 54 Stück Lokomotiven der Reihe 170 für den Reisezugdienst auf der Semmering- und Brennerstrecke. Diese wurden zwischen 1898 bis 1918 von der Lokomotivfabrik Wiener Neustadt geliefert und mit den Betriebsnummern 3001 bis 3054 eingereiht. |
|
Mehr als zwei Drittel des Bestandes wurde nach dem
Zerfall der Vielvölkermonarchie den Bahnen der Nachfolgestaaten
zugesprochen. Die CSD erhielt den größeren Anteil und hatte einschließlich
der bis 1921 nachgebauten Exemplare über 374
Stück. 116 Maschinen der Reihe 170, darunter auch das Prototypexemplar 170.01, mußten nach dem Waffenstillstand von 1918 in neuwertigem oder generalüberholtem Zustand der Italienischen Staatsbahn überlassen werden, die sie als Reihe 729 bezeichnete. Weitere Maschinen erhielt die Polnische Staatsbahn (Reihe Tr 11), die Staatsbahn des neuen Südslawien und die Rumänische Staatsbahn. |
|
Die verbliebenen 228 Stück waren auf die Heizhausleitung Wien Nord, Wien Ost, Wien Süd, Wien FJB, Wiener Neustadt, Graz, Bruck a.d. Mur, Lienz, Amstetten, Linz, Attnang, Innsbruck und Landeck aufgeteilt. Nach der Übernahme durch die Deutsche Reichsbahn im März 1938 wurden noch 209 Stück in 56.3101 bis 56.3309 umbezeichnet. Die in der Zwischenzeit technisch veralteten Maschinen wurden während des Zweiten Weltkrieges auf Strecken mit leichtem Oberbau eingesetzt. |
GKB 56.3115 Sept.1987 in Strasshof |
Damit gelangten viele Maschinen in das Sudetenland, nach
Mitteldeutschland, zur RbD Danzig und in die von der deutschen Wehrmacht
besetzten Länder Jugoslawien und Griechenland. Durch die Abtretung der Sudetengebiete von der
Tschechoslowakei im Oktober 1938
kamen folgende ehemalige 170er zur DRB. 20 Stück CSD Reihe 434.0 als 56.331 bis 56.3329 47 Stück aus dem Bestand der PKP (Reihe Tr 11) als 56.3336 bis 56.3371 und 56.3391 bis 56.340 19 Stück der JDZ (Reihe 24) als 56.3372 bis 56.3390 1943 vermietete die DRB eine Anzahl von Lokomotiven an die MAV. Nach Kriegsende war der einst ansehnliche Bestand von über 800 Maschinen in Österreich auf ganze sechs zusammengeschrumpft, die letzte wurde 1957 kassiert. Zehn Stück erwarb die Graz-Köflacher Bahn, von denen die 56.3115 betriebsfähig erhalten blieb und die 56.3255 im Tausch gegen die 354.0130 (ehemalige 229) der CSD, der Fahrzeugsammlung des Nationalen Technischen Museums in Prag zugeführt wurde. |
|
Technische Daten |
|
Schlepptenderlokomotive kkStB 170 |
|
Zweizylinder Verbundmaschine |
|
|
|
Erzeuger / Baujahr | Lokomotivfabrik Wr.Neustadt / 1897 |
Bauart: | 1D n2v |
Zylinder-Ø | 540 / 800 mm |
Kolbenhub | 632 mm |
Heizfläche der Büchse 170.01–09 | 14,0 m² |
Rostfläche: 170.01–09 | 3,36 m² |
Heizfläche der Büchse 170.10 - | 14,3 m² |
Rostfläche: 170.10 - | 3,91 m² |
Rahmen: | Genieteter Blechrahmen |
Treibraddurchmesser: | 1298 mm |
Laufraddurchmesser: | 870 mm |
Zul. Fahrgeschwindigkeit: | 60 km/h |
Bremse: |
Vakuum-Bremse, Nachrüstung auf Knorr-Druckluftbremse für Wagenzug. |
Achsstand Lokomotive: | 6800 mm |
Achsstand Lokomotive mit Tender: | 13696 mm |
Länge über Puffer: | 17430 mm |
Dienstgewicht: | 69,0 t |
Reibungsgewicht: | 58,0 t |
Tender Reihe: | 56 oder 156 |
Lokstatistik von Josef Pospichal siehe >> HIER << | |
Die
Schlepptenderdampflokomotive im Modell: |
|
Klein Modellbahn: | |
Art.Nr. 0161 ÖBB 56.3204 mit Kobelschlot | Art.Nr. 5232 PKP Tr11.7 |
Art.Nr. 0162 GKB 56.3200 mit Rundschlot | Art.Nr. 5233 CSD 354.0114 |
Art.Nr. 0163 kkStB 170.01 | Art.Nr. 5234 DRG 56.3 |
Art.Nr. 5231 FS Serie 729 | |
Buch-Tipp:
Triegfahrzeuge österreichischer Eisenbahnen Lokomotivbau in Alt-Österreich |
ČSD-Dampflokomotiven, Teil
2,
|
|
|
|
Ernst Sladek Februar 2007 |