Die Dampflokomotive Reihe 270

270 KkStB, DRB Baureihe 56 34, ÖBB Baureihe 156, ČSD 434.1
1917 bis 1968

Zusammenstellung: Ernst Sladek

  

Durch leistungssteigernden und brennstoffsparenden Effekt hat sich der Heißdampf-Lokomotivbau bereits durchgesetzt, zwei Jahrzehnte später folgte der 1D-n2v - Reihe 170 die Heißdampfvariante mit Zwillingsantrieb als Reihe 270. 
Die Verzögerung der technischen Fortentwicklung entstand durch die Militärverwaltung der k.u.k. Monarchie und deren starken Mitspracherecht. Die unkomplizierte Nassdampflokomotive mit ihrem geringen Wartungsaufwand war für Kriesen- und Kriegszeiten in den Augen der Militärs die bessere Variante.


270.123

Im zweiten Jahr des Ersten Weltkrieges, 1915 konnte Dipl. Ing. Johann Rihosek die Arbeit am Entwurf einer mittelschweren Heißdampf-Zwillingslokomotive auf der Grundlage der Reihe 170 aufnehmen. Der Böhmisch-Mährischen Maschinenfabrik in Prag-Lieben wurde die konstruktive Bearbeitung übertragen. Durch Verkürzung der Rohre um einen halben Meter wurde die Verdampfungsheizfläche von 250 auf 183,7 m2 verringert und für den Überhitzer Raum geschaffen. Trotz Verringerung der Verdampfungsheizfläche konnte durch mehr Energie des Heißdampfes die Leistung gegenüber der Nassdampfbauart gesteigert und der Verbrauch gesenkt werden.
Die durch Kolbenschieber mit äußeren Dampfeintritt gesteuerte Zwillingsdampfmaschine arbeitete mit einem Dampfdruck von 13kg/cm
2. Die Dimensionierung des Überhitzers war mit 38,3 m2 klein.
Der 3,87 m
2 große Rost lag wie bei der Reihe 170 über dem Rahmen. Der Doppeldom mit Verbindungsrohr wurde durch einen einzelnen Dampfdom ersetzt, dadurch wurde  Raum für zwei Sanddome geschaffen.
Diese ermöglichten eine bessere Besandung der beiden festgelagerten Antriebsradsätze. An Zugkraft übertraf die Reihe 270 die Reihe 170 ganz erheblich. Der Antrieb erfolgte auf der dritten Kuppelachse. Die Reihe 270 konnte mit ihrer Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h eine Zugmasse von 1220 t befördern. Die Zylinderleistung von 1400 PS erreichte die Maschine bei Kesselvollast und bei 10%o Steigung sah die Belastungstafel bei 30 km/h eine Anhängelast von 650 t bei einer zehnprozentigen Leistungsreserve vor.
Wegen kriegsbedingter Engpässe wurden die ersten sieben Maschinen erst 1917 ausgeliefert und erreichten bis Kriegsende (November 1918) 27 Lokomotiven.

1920 begann der Serienbau in Österreich und 1922 verfügten die Österreichischen Staatsbahnen bereits über 100 Stück.
Ein Teil der Maschinen wurde die BBÖ mit Dabeg-Vorwärmepumpe aus um den Wirkungsgrad zu verbessern. Der Antrieb erfolgte von der linken Kurbelstange.

270.255
Eingesetzt waren die Maschinen bei den Heizhäusern Wien Nord, Wien Ost, Wr. Neustadt, Graz, Mürzzuschlag, Bruck a. d. Mur, Hütteldorf, St. Pölten, Attnang und Lienz im mittelschweren Güterzugdienst und auch vor Personenzügen.
Alle 100 Maschinen wurden 1938 von der Deutschen Reichsbahn übernommen und als 56 3401 bis 3500 eingereiht.
Die Floridsdorfer Lokomotivfabrik hatte nach dem Ersten Weltkrieg aus Gründen der Arbeitsbeschaffung diese allseits geschätzte Lokomotive ohne feste Bestellung bis 1926 weiterproduziert.
Durch Vermittlung internationaler Handelsorganisationen wurden 253 Stück nach Polen (PKP-Reihe Tr 12), in die Tschechoslowakei (ÖSD-Reihe 434.1), nach Südslawien (JDZ-Reihe 25), nach Italien (FS-Reihe 728) und nach Rumänien exportiert.
Auch von den in der Tschechoslowakei ansässigen Herstellern, der Böhmisch-Mährischen Maschinenfabrik in Prag und der Firma Breitfeld & Danek in Schlan ist die Reihe 270 weitergebaut worden.

CSD 434.111 (Skoda 1920) Eisenbahnmuseum Luzna bei Rakovnik 
Als 1920 auch die Skoda-Werke in Pilsen denLokomotivbau aufnahmen, ging als erste Type die Reihe 270 in Produktion, die ab 1924 die Reihenbezeichnung 434.1 erhielt.
Ab 1930 erfolgte der Weiterbau bei den ÖKD-Werken, wie sich das fusionierte Unternehmen von BMMF und Breitfeld & Danek nun nannte, in modernisierter Form. Die runde Rauchkammertür mit Zentralverschluss, der gusseiserne Kranzschornstein, das geräumige Führerhaus mit abgeschrägtem Oberteil und der Doppeldom mit Verbindungsrohr waren die äußeren Merkmale.
Die Maschinen hatten elektrische Beleuchtung, mechanische Schmierpressen und die Kolbenschieber erhielten innere Einströmkanäle als technische Verbesserung.
Gemeinsam mit den 1920/22 aus der Floridsdorfer Produktion angekauften 50 Einheiten erreichte bei der CSD die Reihe 434.1 alter und neuer Ausführung bis 1931 einen Bestand von 165 Stück.
1937 wurde eine größere Anzahl in die Slowakei verlegt, nach Abtretung der südlichen Landesteile an Ungarn gelangte ein Teil in den Besitz der MAV (dort als Reihe 403.6 bezeichnet).
Auch die Polnische Staatsbahn beschaffte diese beliebte Mehrzwecklokomotive die aus Halbfertigteilen der Lokomotivfabrik Wiener Neustadt in Warschau endgefertigt wurde.
Die hervorragenden Betriebseigenschaften der Reihe 270 veranlaßten in den zwanziger Jahren auch die Rumänische Staatsbahn zu Nachbestellungen in größerer Stückzahl.
Die von den Skoda-Werken in Pilsen und den französischen Schneider-Werken in Creusot gelieferten Lokomotiven hatten eine runde Rauchkammertür mit Zentralverschluß, automatische Schmierpressen und ein geräumiges Führerhaus. Sie waren mit Kolbenschieber für innere Einströmung ausgestattet.
Die Dampfentnahme erfolgte aus einem Doppeldom mit Verbindungsrohr, der zwischen den beiden Sanddomen angeordnet war. Die Loks erhielten bei der CFR die Reihenbezeichnung 140.

434.128 Depot Žilina
Acht Einheiten stellte 1928/29 die Maschinenfabrik der Ungarischen Staatsbahn in Budapest für die Donau-Save-Adria-Bahn her. (Nachfolgerin der Südbahn auf ungarischem Staatsgebiet)
Die ebenfalls als Reihe 140 bezeichneten Lokomotiven besaßen einen Speisedom mit Kesselsteinabscheider auf dem vorderen Kesselschuß. Die Sandkästen wurden auf den Umlauf verlegt. Sie hatte elektrische Beleuchtung und Zentralschmierung. 1934 wurden die Maschinen zur Reihe 403.6 der MAV.
Die „österreichischen“ 56er wurden durch den Krieg in alle Winde zerstreut. Von der einst 100 Stück umfassenden Reihe 270 waren nur noch 25 vorhanden.
Nach Einführung des neuen Reihenschemas wurden die Lokomotiven als Reihe 156 bezeichnet.
Ab 1955 erhielten 15 Maschinen noch den Giesl-Ejektor mit Siederohrdrosselung und 1968 schied die Reihe 156 mit noch 14 betriebsfähigen Einheiten aus dem Einsatzbestand der ÖBB aus.
Die letzte Vertreterin der bewährten Reihe blieb die 1920 in der Floridsdorfer Lokomotivfabrik gebaute 156.3423 (ehem. 270.125) dem Wiener Eisenbahnmuseum erhalten.
Eine weitere Lokomotive bleib in der CSSR vor der Verschrottung bewahrt. Die erste von den Skoda-Werken gefertigte Lokomotive 434.1100, 1919 als 270.300 an die CSD geliefert, gehört zur Fahrzeugsammlung des Nationalen Technischen Museums in Prag.

Tender: Dreiachsiger Steifrahmentender Reihe 56 oder 156.

Technische Daten

Schlepptenderlokomotive KkStB 270

2-Zylinder-Zwillingstriebwerk

Erzeuger: Erste Böhmisch-Mährische Maschinenfabrik Prag
Lokomotivfabrik Floridsdorf
Wiener Neustädter Lokomotivfabrik
Breitfeld & Danek
Škoda
Baujahr: 1917
Bauart: 1D-h2
Zylinder-Ø   570 mm
Kolbenhub   632 mm
Heizfläche der Büchse: 13,9
Rostfläche:  3,87 m²
Rahmen: Genieteter Blechrahmen
Treibraddurchmesser: 1298 mm
Laufraddurchmesser:   870 mm
Zul. Fahrgeschwindigkeit: 60 km/h
Bremse: Vakuum-Bremse, Nachrüstung auf
Knorr-Druckluftbremse.
Achsstand Lokomotive:   6800 mm
Achsstand Lokomotive mit Tender: 13694 mm
Länge über Puffer: 17443 mm
Gewicht leer: 61,2 t
Dienstgewicht 68,0 t
Adhäsionsgewicht: 57,3 t
Tender Reihe: 56 oder 156
Die Schlepptenderdampflokomotive im Modell:
Klein Modellbahn:

Foto: Klein Modellbahn

Art.Nr. 0166  ÖBB 156.3451 mit Gieselschlot
Art.Nr. 0166  ÖBB 156.3490 mit Gieselschlot (Juli07) Art.Nr. 5431  FS Serie 629 
Art.Nr. 0165 ÖBB 156.xxx mit Kobelschlot Art.Nr. 5432  PKP 
Art.Nr. 0167  BBÖ 270.xxx

Art.Nr. 5333  CSD 

Ohne Abbildung
Art.Nr. 0168  KkStB 270.02 mit Kobelschlot  (Mai07) Art.Nr. 5334  DRG 56.3 

Buch-Tipp:

Triegfahrzeuge österreichischer Eisenbahnen
Dampflokomotiven BBÖ und ÖBB
Eisenbahn-Fahrzeug-Archiv 
Autor: Heribert Schröpfer
Verlag: alba
ISBN 3-87094-110-3

Lokomotivbau in Alt-Österreich
Karl Gölsdorf:  1837–1918, Verlag Slezak, 1978. ISBN 3-900134-40-5

 

Die Ära nach Gölsdorf
Giesl-Gieslingen:  Verlag Slezak, 1981.
ISBN 3-900134-37-5

ČSD-Dampflokomotiven, Teil 2, 
Helmut Griebl, Verlag Slezak, Wien, 1969

Dampfbetrieb in Alt-Österreich,
Johann Stockklausner:  Verlag Slezak, Wien 1979, ISBN 3-900134-41-3


Ernst Sladek

März 2007